Hold Me While I'm Naked [Kurzfilm] (1966)

Hold Me While I'm Naked [Kurzfilm] (1966)    

Genre(s): Kurzfilm   

Inhalt: Eine glamourös gekleidete Frau hetzt die Straßen entlang, Regieanweisungen hallen über die Tonspur; ihr Independent-/Underground-Regisseur ist alsbald im Gegenschuss zu sehen. Seine triste Einsamkeit steht den perfekten Liebesszenen seines Films konträr entgegen - doch als er immer mehr Nacktauftritte seiner Hauptdarstellerin fordert, lässt diese ihn hängen; und die Kluft zwischen seiner Vereinsamung & seinen trostlosen Lebensumständen einerseits und seinen sehnsüchtigen, eifersüchtigen Fantasien über Liebe & intime Zweisamkeit andererseits wird immer größer.

 

Medium: Sonstiges

Fassungstitel:   Hold Me While I'm Naked
Bemerkungen:   Einsamkeit, Frustration, Scheitern. Für einen bunten, "camp"-Film, wie "Hold me while I'm naked", dem wohl bekanntesten Film der Underground-Ikone George Kuchar, verfilmt er relativ harte, pessimistische Themen. Eingebettet in eine parodistische, extrem bunte Douglas-Sirk-Optik mit viel Selbstreflexion und Verweise auf die Popkultur, stellt sich leicht die Frage, wie ernst es Kuchar ist, über seine Depressionen zu reden, sie filmisch auszudrücken. Der Film mutet autobiographisch an, steht doch im Mittelpunkt ein Filmemacher, den er auch noch selber spielt, der mit den ungeahnten Schwierigkeiten, einen Indiependent-Film auf die Beine zu stellen und seiner sexuellen Frustration zu kämpfen hat.

Kuchar als Filmemacher im Film. Zunächst ist sein Gesicht bedeckt von der Super8-Kamera, die er gegen sein Auge hält. Als er sie herunternimmt und zum ersten Mal sein Antlitz in dieser Rolle der eigentlichen, filmenden Kamera entgegenstreckt, ist sein Erscheinungsbild symbolisch für den gesamten restlichen Kurzfilm: George Kuchar lächelt mit einer aufgemalten Zahnlücke recht debil in die Kamera. Die Selbstparodie geht weiter, wenn auch hier die Grenze zur Realsatire ungewollt überschritten werden könnte. Der Filmemacher, den Kuchar spielt, interessiert sich für seine Hauptdarstellerin und verlangt von ihr in nahezu jeder Szene nackt zu sein. Wenn die Szene im Kasten ist, sich Kuchar von dannen trollt, jedoch geht das Liebesspiel der Akteurin mit ihrem Filmpartner weiter. Liebe und sexuelle Verbundenheit leben weiter, während Kuchar einsam und ohne Partner durch einen Wald schlendert.

Frivol geht es weiter: Kuchar schaut frustriert aus einem Fenster, es ist ihm ungewiss, ob er seinen Film komplettieren kann. Er ruft einen Freund an, der jedoch hängt alsbald den Hörer auf um sich mit einer Geliebten zu vergnügen. Dann sehen wir, wie Kuchar unter die Dusche steigt, parallel dazu die gleiche Handlung seiner Hauptdarstellerin, die allerdings von ihrem Partner begleitet wird. Wir beobachten sowohl das Liebesspiel seiner Hauptdarstellerin und Hauptdarsteller, als auch seine Einsamkeit in gegenüberstellenden Schnittabfolgen. Am Ende sehen wir Kuchar in der Küche seiner Mutter sitzend, sich einreden, dass es jene Dinge im Leben seien, für die es sich lohnt zu leben.

Dass es Kuchar nicht so ganz ernst meint und eine gewisse Distanz zu dem gesamten filmischen Inhalt aufbaut, erkennt man an der gewollten Künstlichkeit, die nicht nur in den "Film-im-Film"-Szenen vorherrscht, sondern ganz besonders in den normalen Spielszenen zum Tragen kommt. Da wäre das exotische Outfit des Filmstarlets (Donna Kerness), der Plastikvogel oder die sich selber wiederholende Montage, die jegliches Realitätsgefühl über Bord wirft – all das führt zu einer unbewussten Distanzhaltung.

In "Hold me while I'm naked" sieht alles nach Trash oder Shlock oder was man auch immer einem Genre für einen Namen geben will, das sich bewusst durch Styling der Schauspieler, der Dekors und des Inhalts seinen ernsthaften Kunstanspruch absagt. Selten allerdings steht hinter einer solchen Attitüde ein filmisch versiertes Talent, wie es George Kuchar ist. Und noch seltener werden in einem filmischen Umfeld wie diesem Themen wie Depression und Einsamkeit behandelt – wenn auch auf eine nicht erhellende oder hilfreiche Weise. Und doch ist "Hold me while I'm naked" ein filmischer Erfolg: Gerade wegen des Jonglierens mit Ideen und Ansprüchen der Ernsthaftigkeit in Bezug auf eine völlig frische, frivole und freche Inszenierungsweise.

(Quelle: Mitternachtskino.de)